Aus einer Schnapsidee kann etwas erwachsen. Im Mai eine kleine Ölmühle bekommen, im Sommer die ersten Leute verkosten lassen und im Herbst beschließen: das muss offiziell werden. Inzwischen wird die Produktionsstätte als Ölmanufaktur eingerichtet und die Nervosität wandelt sich in Vorfreude um. Für viele Menschen entsteht eine Ölmühle in der Nähe.
Doch wie ging es los? Die Idee, eine Ölmanufaktur im Münsterland zu gründen!
Während der Anfangszeit des Krieges in der Ukraine war das Speiseöl knapp und ich habe mich gefragt, wie viel Öl wohl in Deutschland hergestellt wird und welche Sorten das sind. Dass Sonnenblumen vor allem um das Schwarze Meer herum angebaut werden, hatte ich vor einigen Jahren schon in einer Marktanalyse, die ich erstellen musste, gesehen. Aber auch um andere Ölsorten steht der Selbstversorgungsgrad nicht gut. Rapsöl wird noch einigermaßen durch den heimischen Anbau abgedeckt (etwa 37% in 2022 laut BLE) und macht auch mengenmäßig den größten Teil der Ölproduktion aus. Mit 3,5 Mio. Tonnen 2021 liegt Raps weit weit weit vor den nächsten größeren Kulturen, den Sonnenblumen und Soja, die einen Ertrag in Deutschland von je etwa 100.000 Tonnen verzeichnen. Insgesamt beläuft sich der Selbstversorgungsgrad bei Speiseölen auf ca. 30 - 35 %. Zeit also für eine Ölmühle in der Nähe mit regionalem Saaten!
An dieser Stelle muss ich meine Freude über die Aufzeichnungen der Bundesministerien ausdrücken, wo man ohne Hürden und Probleme an sämtliche relevante Daten kommt. Sonnenblumenöl wird übrigens aus der Ukraine und Ungarn direkt importiert, sowie aus den Niederlanden. Bei den Niederlanden spielt allerdings der Umschlagsplatz Rotterdam eine entscheidende Rolle, wo vermutlich Drittländer wie die Ukraine weitere Mengen absetzen, die am Ende jedoch in der Berechnung bei den Niederlanden landen. Das alles sind Informationen der BLE.
Dabei fragt man sich ganz automatisch, ob es nicht anders sein könnte. Ob es der richtige Weg ist, mit dem Anbau zu starten, obwohl Erträge innerhalb Deutschlands niedrig und unsicher sind, statt Beziehungen zu guten Erzeugern in anderen Ländern, auch außerhalb der EU, zu pflegen, halte ich nicht zwangsläufig für den besten Weg. Und natürlich ist der Anbau von Sesam oder Schwarzkümmel in Deutschland ebenfalls kaum bis gar nicht existent. Zwischen solchen Gedanken ploppen dann auf einmal Listen auf. Welche Öle gibt es eigentlich alle und welche sind besonders spannend? Gibt es bereits Ölmühlen in der Nähe, die regionale Speiseöle herstellen? Welche Saaten lassen sich in der eigenen Ölmanufaktur im Münsterland pressen?
Sonnenblumenöl
Rapsöl
Leinöl
Leindotteröl
Haselnussöl
Walnussöl
Sesamöl
Schwarzkümmelöl
Mandelöl
Aprikosenkernöl
Mohnöl
Hanföl
Chiliöl
Senföl
Und noch so viele mehr...
Wo soll man starten und welches Ziel verfolgen? Für mich war sehr schnell klar, dass es vor allem Geschmack, Herkunft und Qualität sein sollen, die meine Öle bestimmen.
Hinzu kommen noch viele Anstöße aus dem näheren Umfeld. Man wollte doch schon immer mal selber etwas gründen. Das geröstete Sonnenblumenöl schmeckt doch so gut. Manchmal muss man einfach mal machen, was hat man schon zu verlieren... Als ich meinen Lieblingspodcast, den Foodtalker, eines Tages gehört habe, ging es genau darum. Einfach eine eigene Kaffeerösterei gründen und den Schritt wagen. Diese Folge hat in mir so sehr das Feuer entfacht, dass meine Gedanken nur noch um das Thema der eigenen Ölmanufaktur Heumann kreisen konnten. Die besagte Folge war #22 Elbgold und ist für Dich verlinkt - tolle Leute, bei denen sich das Reinhören lohnt!
Die regionale Ölmühle in der Nähe - Das erste Pressen in Greven
Der Geschmack von einem frisch gepressten, noch leicht warmen Öl ist einfach unbeschreiblich. Und dabei war die erste Pressung ein Sonnenblumenöl. Ich habe erwartet, dass es schmeckt wie das, das ich zum Kochen verwende. Oder wenigstens das für Salatdressings - Bio und kalt gepresst. Aber Hand aufs Herz: Seit diesem Tag kann ich kein Öl aus dem Supermarkt mehr genießen. Der Geschmack ist für alle Zeit versaut, da das eigene so viel aromatischer schmeckt. Das gilt so für alle Öle, die ich bisher gepresst habe. Die Idee der Ölmanufaktur Heumann - einer Ölmühle in der Nähe für alle transparent - war nun nicht mehr aus dem Kopf zu bekommen.
Häufig ist es ja so, dass man Selbstgemachtes ohnehin besser oder schmackhafter findet. Tatsächlich hatte ich sogar ein wenig Angst davor. Als wir eines Abends aber Vanilleeis mit Kürbiskernöl gegessen haben, ist mir aufgefallen, wie schwach das Öl schmeckt. Ich habe das Eis nicht selbst zubereitet, also habe ich gefragt, ob irgendetwas anders ist. Und meine Freundin konnte es mir verraten: Sie hat das gekaufte Kürbiskernöl verwendet. Dieser Augenblick war einer der Schlüsselmomente, die maßgeblich zum Gründungsgedanken der Ölmanufaktur in Greven beigetragen haben.
Wie findet man jetzt die passende Räumlichkeit für eine Ölmühle im Münsterland?
Erstmal spaßeshalber ging es also darum, einen passenden Raum zu finden. Ganz im Ernst, anfangs hatte ich keine Ahnung wonach ich suchen soll. Ich habe einfach nach Gewerberäumen in Greven oder alten Ölmühlen in der Nähe geschaut. Da ist dann wirklich alles dabei. Riesige Hallen mit mehreren tausend Quadratmetern genau so wie kleine Ladenlokale oder CoWorking Spaces. Was ist die passende Räumlichkeit für eine Ölmühle als kleine Manufaktur?
Ich habe nach rund 30qm gesucht, für mich allein, möglichst günstig. Inklusive Toilette, Waschbecken oder zumindest passendem Anschluss und ohne Verkaufsfläche. Dabei stößt man sehr schnell an seine Grenzen, beziehungsweise die des Angebots. Nach erfolglosen Wochen sporadischen Suchens habe ich gemerkt, dass es mich wurmt, nichts passendes für eine Ölmanufaktur in Münster, Greven oder auch Telgte zu finden.
Zu diesem Zeitpunkt wurde dann alles etwas ernster. Ich habe mich das erste Mal rundum informiert, was zum Gründen eines Betriebes mit Lebensmitteln dazugehört und was andere Ölmanufakturen tun. Dabei geht es sehr schnell um das Gesundheitsamt und, dass für eine Genehmigung natürlich einige Auflagen erfüllt sein müssen - gerade wenn es um Lebensmittel und die eigene Ölherstellung geht. Ich habe also mit wenig Hoffnung eine E-Mail aufgesetzt, in der ich erläutert habe, was ich vorhabe, worum es geht und was ich dafür benötige und wissen möchte. Welche Auflagen und Verordnungen muss ich erfüllen oder kennen. Welche Maßnahmen ergreifen, damit die Hygiene stimmt. Worüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. All das verpackt in einer E-Mail, bei der ich dachte: Entweder halten die mich für bekloppt und ignorieren die Nachricht einfach, oder ich bekomme eine sehr allgemein gehaltene Antwort.
Doch Pustekuchen! Eine Woche später habe ich vollkommen überraschend, und wie ich finde sehr schnell, eine nette Antwort erhalten und wir haben ein Telefonat ausgemacht, um alles zu Klärende zu besprechen. Dieses hat alle Erwartungen übertroffen. Ich wurde sehr individuell beraten, mit ehrlichen Antworten, zielführenden Überlegungen und viel Unterstützung. Natürlich wurde mir nicht gesagt "Hey, mach das, das ist gar kein Problem!", sondern auch Hürden aufgezeigt und ganz klar dargestellt, dass das Amt hinschaut und die hohen Ansprüche erfüllt werden müssen.
Das war etwa Ende September 2022. Ich teilte dem Gesundheitsamt mit, dass das alles ohnehin noch einige Zeit dauern wird und ich ganz entspannt nach einem Raum suche. Ich würde mich melden, sobald es Neues gibt.
Der Raum
November 2022. Wie jeden Morgen öffne ich alle Portale, in denen ich meine Suchen nach der passenden Gewerbeimmobilie in Greven und Umgebung gespeichert habe. Und da ploppt sie auf. Kein Bild. Eine kurze Beschreibung, aber eine sehr passende. Mein Puls steigt und ich sehe: 17 Aufrufe.
Die Nachricht ging schnell raus und die Antwort kam ebenso prompt: Ich kann noch am selben Tag zur Besichtigung kommen. Den Rest des Tages habe ich mich vor allem gefragt, was ich hier eigentlich gerade tue. Wie komme ich auf die Idee, ernsthaft eine Ölmanufaktur gründen zu wollen?
Am Abend sind wir zu zweit zur Besichtigung aufgeschlagen. Einerseits hatte ich die Hoffnung, dass es nicht passt - denn dann hätte ich noch viel Zeit, mir ausgiebig Gedanken zu machen - andererseits wünschte ich mir, dass es genau der Raum ist, bei dem es "klick" macht. Und genau so war es. Er passte perfekt!
Ein eigenes Bad, Küchenanschluss im Produktionsraum, ausreichend Platz für eine Ecke zum Fotografieren, genügend Lagerfläche. Ich musste direkt zusagen. Allerdings unter der Voraussetzung, erst mit dem Gesundheitsamt zu sprechen und Fotos zuzusenden.
Die Odyssee
Die Rückmeldung vom Gesundheitsamt kam fix und war bis auf ein paar behebbare Kleinigkeiten positiv. Was ein wenig Nervosität auslöste, war die Tatsache, dass noch einmal auf das Gewerbeamt verwiesen wurde. Für mich war der Standort im Gewerbegebiet optimal und auch der Nutzungsplan hatte keine Einschränkungen. Deshalb ging ich davon aus, problemlos ein "Das geht so, wie Sie es planen" zu bekommen.
Also wieder ab an den Hörer, um an die passende Ansprechpartnerin zu gelangen. Auch hier muss ich wieder betonen: Es waren äußerst freundliche, nette und zielführende Gespräche. Inzwischen habe ich fast mehr Spaß am Wege und Lösungen finden, als am Gründen selbst gefunden. Es macht mich zudem sauer, wie oft auf Behörden geschimpft wird, denn in meinem Fall verlief die Kommunikation immer schnell, unkompliziert und sehr genau.
Warum also Odyssee? Tatsächlich war es nicht so einfach wie geahnt. Denn die Nutzung des Raumes entsprach nicht der Herstellung und Lagerung von Lebensmitteln. Und da ich alles korrekt machen und Dir hochwertige Öle präsentieren möchte, kam der Schreck: Es muss eine Nutzungsänderung beantragt werden. Dazu wird ein Architekt und einiges an Papierkram benötigt. Auch die Kosten sind entsprechend hoch und befinden sich im niedrigen vierstelligen Bereich.
Der Vermieter war glücklicherweise mit dem weiteren Vorgehen einverstanden und hat einiges an Unterstützung geleistet, was die Vermittlung von Kontakten anging.
Circa eine Woche später gab es dann ein Schreiben des Architekturbüros: Emissionen angeben und beschreiben, wie die Entsorgung des Mülls stattfindet. Es ging also daran, Informationen zur Geräuschkulisse, mechanischen Wirkungen, Gerüchen und Abfällen zusammenzutragen.
Das Telefon klebte quasi an meiner Hand und das vor allem auf dem Weg zu meinem Hauptjob und zurück. Innerhalb von 24 Stunden stand der gesamte Plan fest. Für mich auch eine perfekte Übung, da ich dabei an sämtliche, auch unwahrscheinliche Fälle (wie das Verschütten von 20 Liter Öl) denken musste und dafür bereits Konzepte zur Vermeidung, Reinigung und Beseitigung erstellt habe.
Zudem habe ich einen Entsorger gefunden, bei dem nicht nutzbare, organische Produkte - also beispielsweise die 20 Liter verschüttetes Öl - zu Biogas vergoren werden können und damit noch zur Energiegewinnung beitragen. Für mich eine ideale Rückführung in den Kreislauf und eine sinnvolle Nutzung.
So der aktuelle Stand. Ich warte auf die fertige Nutzungsänderung und hoffe, dass sich die vielen Vorgespräche gelohnt haben, sodass keine weitere Fragen aufkommen und ich im März mit der Produktion beginnen kann. Ich halte Dich auf dem Laufenden!
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